Samstag, 31. Oktober 2015

[Rezension] Wie meine Internet-Liebe zum Albtraum wurde - Victoria Schwartz


Wie meine Internet-Liebe zum Albtraum wurde

Victoria Schwartz

320 Seiten

Blanvalet Verlag

12,99 € Printausgabe

9,99 € Ebook

Alles begann mit einer Twitternachricht. Als es endete, wusste Victoria, dass sie nach allen Regeln der Internet-Kunst betrogen worden war. Von einem Fremden, der sich in ihr Leben geschlichen hatte. Dem sie alles über sich erzählt hatte. 

Für den sie Gefühle empfand. Und der ihr über Monate eine komplexe virtuelle Täuschung vorgespielt hatte. Der Unbekannte hatte nicht nur eine falsche Internet-Identität erschaffen, sondern Dutzende. Und das alles nur, um Victorias Herz zu erobern. 

Meine Meinung:

Ich habe 1.684 Follower auf Twitter, 343 Freunde bei Facebook und knapp 130 Leute, die meinem Blog folgen - doch stecken hinter diesen ganzen Accounts wirklich "echte Menschen", oder gibt es unter ihnen auch Realfakes? 



Ein Realfake ist demnach ein männlicher oder weiblicher Fake, der so gut und aufwendig gemacht ist, dass er wirklich erscheint.


[...] Generell gilt: Je länger ein Mensch schon dabei ist, sich als Realfake im Internet zu bewegen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich mit der Zeit einen Pool an Fake-Profilen zugelegt hat, auf die er bei Bedarf zugreifen kann.


DAS habe ich mich durchweg beim Lesen gefragt und könnte diese Frage nie und nimmer mit einem klaren "Nein!" beantworten - wie ist es mit euch? Wie gut kennt ihr die Leute, mit denen ihr tagtäglich im Netz schreibt und sind sie wirklich die, für die sie sich ausgeben? Mehr dazu gleich in der Rezension.

Um was geht es? Victoria Schwartz erzählt uns in diesem Buch ihre Geschichte. Wie sie und Kai sich kennenlernten im Internet, ihre erste Verliebtheit und die darauffolgenden Dramen, die sich in der ganzen Zeit abspielten. Von ihrem Kampf gegen Kai und wie sie ihn schlussendlich entlarvte - als einen Realfake. 

Danach erfährt der Leser einiges über die verschiedenen Fake-Typen, was sie ausmacht und was ihre Motive sind. Wie man sich vor ihnen schützen bzw, ihnen auf die Schliche kommen kann UND ( das für mich wichtigste! ) die Moral der Geschicht: 

Passieren kann es jedem, nur wehren können sich viele nicht ... und genau dagegen will Victoria angehen, denn dieses Thema ist in Deutschland noch nicht so präsent, wie es eigentlich sein sollte.



In diesen anderthalb Jahren erfuhr ich demnach durchschnittlich alle zwei bis drei Tage von einem neuen Realfake-Fall. So gesehen empfinde ich die Zahl als überraschend hoch [...]. 


Man mag 217 Opfer nicht als viel empfinden, sollte aber nicht vergessen, dass es sich bei ihnen ja nur um die Menschen handelt [...] , die sich dafür entschieden haben, mir eine Mail zu schicken.

Was mich beim Lesen sehr erschreckt, und zum Nachdenken gebracht hat, war die Geschichte der Autorin. Sie ist nicht ein naives kleines Mädchen, das von dem bösen, schwarzen Mann im Internet geblendet wurde und bei dem man fast gezwungen wäre zu sagen "Naja, selbst schuld!", sondern sie ist eine erwachsene, mit beiden Beinen im Leben stehende Frau, der niemand so schnell was vormacht - normalerweise.

Kai lullt Victoria regelrecht mit Liebesschwüren und Geschenken ein, zieht sie so in seinen Bann und macht sie emotional abhängig von ihr; eine Mischung, die jeden fasziniert hätte und die nicht nur bei ihr funktioniert hat, wie man später im Buch erfahren soll. 

Was genau bringt diese Menschen dazu, sich in das Leben anderer einzumischen, dort ein riesiges Chaos zu veranstalten, nur um dann wieder im Internet abzutauchen und diese Masche bei zig anderen durchzuführen? 

Skrupellos, ohne Gedanken an die Konsequenzen und knallhart; so präsentieren sich die Realfakes und sind dadurch auch auf gewisse Art und Weise gefährlich, denn geraten sie an jemanden, der gerade eine Trennung durchmacht oder psychisch labil ist, kann das verheerende Folgen haben und denjenigen in Depressionen oder Selbstmordgedanken stürzen.



Während es Realfakes gibt, die äußerst geplant vorgehen, was die Erstellung ihrer Fake-Accounts, das Ausspionieren ihrer Opfer oder das gezielte Anwenden der psychischen Manipulation betrifft, handeln andere unbedachter und uneigennütziger.


[...] Häufig konnte ich in Gesprächen mit Realfakes beobachten, dass die Männer und Frauen gefühlsmäßig so sehr mit ihrer falschen Identität verschmolzen waren, dass sie darauf bestanden, "gar nicht so viel" gelogen zu haben, sondern im Grunde genauso zu sein wie er/sie.


Doch nicht nur Victorias Geschichte wird erzählt, nein, im zweiten Teil des Buches bekommt der Leser eine Übersicht über die Motive von Realfakes, wie man eben solche entlarven kann oder wie man sich selbst im Netz vor diesen schützen kann. 

Sie interviewt Lydia Benecke zu den psychologischen Überlegungen des Ganzen und zeigt auf, dass es neben den Realfakes auch andere Gefahren im Netz gibt, wie z.B. Trolle. Auch Erfahrungsberichte von anderen Betroffenen werden hier erzählt und haben mich sehr erschüttert, besonders der Fall von einem jungen Mann, der sich nach einer längeren ( und natürlich missglückten ) Beziehung zu einem Realfake das Leben nahm.

Alles in allem ist "Wie meine Internet-Liebe zum Albtraum wurde" nicht nur ein Erfahrungsbericht, sondern gibt dem Leser wichtige Tipps und Tricks zur Hand und wird dadurch auch gleichzeitig zum Ratgeber, der mehr als nur lesenswert ist.

Mein Fazit:

Wer die Sendung "Catfish" kennt, kann sich einen ungefähren Überblick über die Arbeit der Autorin verschaffen, denn seit dem sie auf Kai reingefallen ist, betreibt sie selbst eine deutsche Internetseite, die Betroffenen zur Seite steht und die ebenfalls die wichtigsten Punkte zur Entlarvung von Fake-Profilen beschreibt. 


Verbreitet diese Seite, macht darauf aufmerksam und vielleicht können wir so die anonyme Internetwelt ein wenig besser machen und andere Betroffene einen Ansprechpartner an die Hand geben! Ich vergebe 

5 ( von 5 möglichen ) Buchpunkte!

1 Kommentar:

  1. Wow. Mir stand beim Lesen gerade die ganze Zeit der Mund offen. Ich meine, ich habe schon oft etwas davon gehört, war selbst zum Glück noch nie davon betroffen und kenne auch keinen, der betroffen ist oder war. Aber mich erschüttert dennoch immer wieder aufs Neue, was Menschen einander antun und wie kaputt manche sind....

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